Ein häufig hervorgebrachtes Argument für Druckmittel in der Hundeerziehung ist die Aggressionsbereitschaft des Hundes. Doch kaum ein Verhaltensproblem wird so häufig missverstanden, wie
Aggressionen, insbesondere gegenüber Menschen oder Kindern. Gewalt sollte nicht das Mittel der Wahl sein, denn das Thema Aggression ist- auch wenn es nicht so scheint- ein sehr sensibles.
(Hinweis: Die Situation auf dem Foto ist selbstverständlich nur gestellt.)
Zunächst einmal ist Aggression nichts anderes als ein nomales Kommunikationsmittel des Hundes. In dem Umfeld, in welchem unsere Hunde heutzutage leben, ist jedoch häufig kein Platz für diese Form der Kommunikation. Auch kann sie Ausmaße annehmen, die für Menschen oder Hunde gefährlich sein können und nicht mehr im Rahmen der normalen Kommunikation stattfinden
Die Suche nach der Ursache
Um ein vorhandenes Aggressionsproblem erfolgreich zu therapieren, muss zunächst sorgfältig die Ursache herausgefunden werden. Diese liegt zumeist nicht am oftmals fälschlich diagnostizierten
"Dominanzproblem", sondern an einer versteckten Angst des Hundes. Die Aggressionen des Hundes sind also nur ein Symptom und zeigen an, dass für den Hund etwas nicht in Ordnung
ist.
Geht man dieses Problem nun mit körperlicher Strafe oder anderen gewaltvollen Trainingsmethoden an, wird lediglich das Symptom unterdrückt, die Ursache, also z.B. die Angst vor anderen Hunden,
bleibt trotzdem bestehen. Durch die Gewalteinwirkung wird sich das Problem zunächst augenscheinlich verbessern - der Hund traut sich nicht mehr, seine Problemlösungsstrategie zu zeigen. Da jedoch
die Ursache ungelöst bleibt, wird sich bald ein neues Symptom zeigen, der Hund könnte z.B. anfangen, statt den Nachbarshund anzubellen, plötzlich zu Hause auzurasten und seine Besitzer zu
beißen.
Die Aggression wird sich bei ungelöster Ursache also immer wieder ein Ventil suchen.
Positive Emotionen erschaffen, statt negative Verknüpfungen zu stärken
Ein Hund, der Aggressionen zeigt, hat in diesem Moment negative Gefühle, denn sonst wäre er nicht aggressiv. Im aversiven Hundetraining versucht man also, Negatives mit Negativem zu bekämpfen -
man bekämpft praktisch Feuer mit Benzin. Das klingt schon unlogisch, richtig? Das Ziel des Trainings sollte daher darin liegen, diese Emotionen in positivere Gefühle zu verwandeln. Dies kann z.B.
über einen gezielten Einsatz von Markersignalen, Clicker oder Futter geschehen. Der Schlüssel zum Ziel ist, seinen Hund hiermit nicht abzulenken, sondern die tatsächliche Auseinandersetzung mit
dem Auslöser in ein positives Erlebnis zu verwandeln.
Auch Hunde, die bereits beschädigend gebissen haben, sind in der Lage, mit dieser positiven Art des Hundetrainings wieder normales Verhalten zu erlernen.
Die Aggressionsleiter
Viele bissige Hunde haben die selbe Vorgeschichte: Meist wurden im Vorfeld wichtige Signale des Hundes übersehen. Betrachten wir das Ganze an einem Beispielfall, in dem das familieneigene Baby
vom Hund blutig gebissen wurde:
Dem Hund war die Gegenwart des Babys in direkter Nähe schon lange zu viel, er zeigte in dessen Gegenwart über Monate Beschwichtigungsverhalten (Kopf abwenden, Schnauze lecken). Auch
Stresssymptome wie z.B. Gähnen, vermehrtes Kratzen wurden beobachtet, jedoch nicht als solche erkannt.
Dem Hund wurde nicht geholfen, die Situation blieb unverändert. Entsprechend bleibt dem Hund nichts anderes übrig, als die nächste Stufe der Aggressionsleiter zu nehmen.
Das ganze "schlich" sich über drohendes Fixieren, Drohhaltung und Knurren immer weiter in der Aggressionsleiter nach oben, bis der Hund Monate später beim Zähne fletschen gegenüber des Babys
angelangt war. Die Situation blieb trotzdem unverändert, das Baby durfte weiterhin zum Hund krabbeln. Der Hund hatte bis dahin alles versucht, um einer wirklich aggressiven Auseinandersetzung aus
dem Weg zu gehen.
Durch Bestrafen der Signale des Hundes in Form von Schimpfen und Aussperren, verknüpfte der Hund das Baby zusätzlich immer negativer. Eines Tages wusste er sich in seiner Situation gegenüber dem
Baby nicht mehr zu helfen und biss zu - das Ende der Aggressionsleiter war erreicht!
Solche Fälle gibt es leider sehr häufig, da die wichtigen Signale des Hundes übersehen oder als Dominanzverhalten fehlinterpretiert werden. Auch ein solcher Hund kann wieder erlernen, dass seine
sanften Signale akzeptiert werden und er in seiner unangenehmen Situation Hilfe vom Besitzer bekommt, so dass kein Aggressionsverhalten mehr nötig ist.
In Fällen, in denen ein Hund tatsächlich ohne Vorwarnung beißt, liegt meist eine Erkrankung vor oder Hund sieht sich selbst in Lebensgefahr. Auch eine unzureichende Sozialisierung im Welpenalter
kann eine Ursache sein.
Fazit
"Den" dominanten Hund, der sein Leben damit verbringt, vermeintlich die Weltherrschaft an sich zu reißen, gibt es nicht.
Wer Aggressionen mit Aggressionen bekämpfen will, hat sich möglicherweise zu wenig mit deren Hintergründen und Behandlungsmethoden auseinandergesetzt.
Lassen Sie sich daher nicht mit Argumenten wie "der ist so aggressiv, da kommt man mit Duziduzi nicht weiter" verunsichern. Jedem Hund kann gewaltfrei geholfen werden.
Denken Sie immer daran: Gewalt beginnt dort, wo Wissen endet!
Sie haben einen Hund mit Aggressionsproblemen? Dann scheuen Sie sich nicht, uns für eine Einzelstunde zu kontaktieren: info@lieblingshundeschule.de oder
015774222779.
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